Mein Kind vertrödelt alles – was steckt dahinter?

Mein Kind vertrödelt alles – was steckt dahinter?

Wenn du manchmal das Gefühl hast, dass dein Kind jede Aufgabe im Schneckentempo erledigt, bist du damit nicht allein. Hausaufgaben, Zähneputzen, Anziehen – alles scheint ewig zu dauern. Manchmal sitzt man daneben, schaut auf die Uhr und denkt: „Wie kann das denn so lange dauern?“ Doch bevor du dich selbst dabei ertappst, genervt zu werden (und das ist absolut verständlich!), lohnt sich ein Blick hinter das Verhalten. Denn oft steckt viel mehr dahinter als reine Trödelei.

Viele Kinder vertrödeln Dinge nicht, weil sie faul oder unwillig sind, sondern weil sie schlicht überfordert sind – mit der Situation, der Menge an Aufgaben oder den eigenen Gedanken. Der Kopf eines Kindes ist voll: da sind Erlebnisse aus der Schule, Sorgen, kleine Freuden, Tagträume. Und genau das spielt eine große Rolle. Wenn dein Kind in Gedanken noch bei der Pause mit Freunden oder bei dem Streit auf dem Schulhof ist, dann ist es innerlich einfach noch nicht bereit, sich auf die nächste Aufgabe zu konzentrieren. Trödeln ist also oft ein Zeichen dafür, dass das Kind Zeit braucht, um sich innerlich zu sortieren.

Banoo Tipp

BANOO-TIPP: ZUERST ANKOMMEN, DANN STARTEN

Lass dein Kind nach der Schule erst einmal durchatmen. Ein kurzer Snack, ein bisschen Kuscheln oder einfach zehn Minuten Ruhe auf dem Sofa können Wunder wirken. So hat das Gehirn Zeit, in den ‚Hausaufgaben-Modus‘ zu wechseln.

Auch das Thema Aufmerksamkeit spielt eine große Rolle. Kinder haben – je nach Alter – eine begrenzte Konzentrationsspanne. Bei Grundschulkindern liegt sie oft bei gerade einmal 15 bis 20 Minuten am Stück. Danach schalten sie einfach ab, ohne es zu merken. Was für uns nach „Trödeln“ aussieht, ist in Wahrheit eine kleine mentale Pause, die das Gehirn braucht. Besonders nach einem langen Schultag ist das völlig normal. Und ehrlich: wer von uns Erwachsenen kann nach acht Stunden Arbeit sofort konzentriert weitermachen?

Ein weiterer Grund kann schlicht Motivation sein. Wenn dein Kind den Sinn in einer Aufgabe nicht sieht, dann fehlt ihm der innere Antrieb. In der Erwachsenenwelt nennen wir das „Prokrastination“ – Kinder kennen das genauso gut, nur ohne das Fremdwort. Manchmal hilft es, kurz darüber zu sprechen, warum etwas gemacht werden muss oder was danach Schönes wartet. So schaffst du eine kleine Perspektive.

Ich erinnere mich an eine typische Szene bei uns zu Hause: Hausaufgabenzeit. Mein Kind sitzt am Schreibtisch, der Bleistift liegt da, das Heft ist offen – aber es passiert: nichts. Stattdessen wird der Radiergummi in winzige Stücke zerlegt, der Stuhl quietscht rhythmisch und plötzlich ist das Lineal das spannendste Objekt der Welt. Ich stehe daneben, atme tief durch und überlege: „Sag ich jetzt was oder lass ich’s?“ In solchen Momenten hilft vor allem Gelassenheit. Denn Druck erzeugt meist nur Gegendruck.

Kleine Rituale für mehr Fokus bei Hausaufgaben

Rituale sind wie kleine Anker im Alltag. Sie geben Struktur, Sicherheit und schaffen Wiedererkennbarkeit – besonders für Kinder, die schnell abgelenkt sind. Ein festes Ritual vor den Hausaufgaben hilft, den Übergang von Freizeit zu Konzentration leichter zu gestalten. Das kann ganz unterschiedlich aussehen: Manche Kinder brauchen Musik, andere Stille. Manche möchten allein arbeiten, andere in der Nähe eines Elternteils. Wichtig ist, dass das Ritual zu deinem Kind passt – nicht zu irgendeinem Ratgeber.

Ein einfaches, aber wirkungsvolles Ritual kann so aussehen: Erst ein Glas Wasser trinken, dann kurz die To-dos besprechen („Heute Mathe und ein Diktat“), und danach die Lieblingslampe anschalten. Das Signal lautet: Jetzt beginnt die konzentrierte Zeit. Solche Gewohnheiten helfen dem Gehirn, sich schneller einzustellen – ähnlich wie beim Einschlafritual am Abend.

Banoo Tipp

BANOO-TIPP: TIMER-TRICK

Stell einen Wecker auf 20 Minuten und lass dein Kind in dieser Zeit konzentriert arbeiten. Danach folgt eine kleine Bewegungspause. Dieses Prinzip – bekannt als ‚Pomodoro-Technik‘ – hilft auch Kindern, ihre Energie besser einzuteilen.

Auch der Arbeitsplatz spielt eine Rolle. Ein ruhiger, heller Platz, möglichst ohne Ablenkung durch Spielsachen oder Bildschirmgeräte, macht es leichter, bei der Sache zu bleiben. Und wenn’s doch mal schwerfällt: Ein kleiner Anreiz wie „Wenn du fertig bist, lesen wir zusammen ein Kapitel aus deinem Lieblingsbuch“ wirkt oft besser als jede Ermahnung.

Ein weiteres schönes Ritual: Ein kleines „Startsignal“. Das kann ein kurzer Händedruck, ein „Let’s go“-Spruch oder ein gemeinsames Aufstellen des Stiftes sein. Kinder lieben Wiederholung und Bedeutung – und je persönlicher das Ritual, desto besser funktioniert es.

Auch hilfreich: eine feste Hausaufgabenzeit. Immer zur gleichen Uhrzeit, im gleichen Rhythmus. Der Körper gewöhnt sich daran, und nach ein paar Tagen läuft es von allein deutlich flüssiger. Manche Kinder profitieren auch davon, die Aufgaben in kleine Häppchen aufzuteilen – ein Teil am Nachmittag, ein Teil nach dem Spielen.

Banoo Tipp

BANOO-TIPP: FOKUS-STATIONEN

Lege kleine ‚Fokus-Inseln‘ an: ein Platz für Hausaufgaben, einer zum Basteln, einer zum Spielen. So lernt dein Kind, bestimmte Orte mit bestimmten Tätigkeiten zu verknüpfen – das hilft beim Umschalten.

Wenn du also das nächste Mal denkst: „Warum braucht das so lange?“, dann atme kurz durch und erinnere dich: Trödeln ist selten böse Absicht. Es ist ein Zeichen, dass dein Kind noch auf dem Weg ist, seine eigene Balance zwischen Motivation, Konzentration und Selbstorganisation zu finden. Und genau dabei können kleine, liebevolle Rituale den Unterschied machen. Mit Geduld, Humor und ein bisschen Experimentierfreude lässt sich das tägliche „Los jetzt endlich!“ in einen ruhigeren, gemeinschaftlichen Moment verwandeln – vielleicht sogar mit einem Lächeln am Ende.