Mein Kind liest ungern – wie kann ich es motivieren?

Mein Kind liest ungern – wie kann ich es motivieren?

Wenn ich ehrlich bin, kenne ich das Problem nur zu gut. Da sitzt man am Nachmittag mit dem Kind am Tisch, das Buch liegt bereit, die Stimmung ist eigentlich ganz gut – bis dieser eine Satz kommt: „Ich mag nicht lesen.“ Und dann ist es vorbei mit der Motivation. Manchmal hat man das Gefühl, dass jedes Wort, das man vorschlägt, eine kleine Hürde ist. Dabei wissen wir alle, wie wichtig Lesen ist – nicht nur für die Schule, sondern für das ganze Leben. Lesen öffnet Türen, regt die Fantasie an und lässt Kinder die Welt verstehen. Aber was tun, wenn der Funke einfach nicht überspringen will?

Oft liegt es gar nicht daran, dass Kinder Lesen „blöd“ finden. Viele haben schlichtweg noch nicht das richtige Buch, die passende Geschichte oder die nötige Routine gefunden. Manchmal ist das Lesen für sie auch noch zu anstrengend – zu viele Buchstaben, zu wenig Erfolgserlebnis. In diesen Momenten hilft es, den Druck rauszunehmen und den Spaß wieder in den Vordergrund zu stellen. Denn Lesen ist kein Pflichtfach, sondern ein Abenteuer. Und das Abenteuer beginnt mit kleinen Schritten.

Ich habe irgendwann aufgehört, das Lesen als „Lernzeit“ zu verkaufen. Stattdessen ist es bei uns ein Teil des Alltags geworden – unauffällig, aber ständig präsent. Wir lesen zum Beispiel abends nicht nur Bücher, sondern auch Witze aus dem Witzebuch oder kleine Zettel, die ich vorher verstecke: „Schau mal unter deinem Kissen!“ – und darunter wartet die nächste Nachricht. So wird Lesen plötzlich Teil eines Spiels, nicht Teil des Pflichtprogramms.

Banoo Tipp

Banoo-Tipp: Versteckte Nachrichten

Schreib kleine Botschaften auf Zettel und verstecke sie im Haus – unter dem Frühstücksteller, im Schuh oder im Federmäppchen. So liest dein Kind automatisch, ohne dass es sich nach Lernen anfühlt.

Kinder lernen mit Freude, wenn sie sich sicher fühlen und Erfolgserlebnisse haben. Deshalb darf man ruhig auch kurze Texte, Comics oder Rätselgeschichten anbieten – Hauptsache, das Kind fühlt sich wohl. Ich erinnere mich, wie meine Tochter sich monatelang geweigert hat, ein „richtiges“ Buch anzufassen. Aber als sie dann ein Pferdemagazin entdeckte, las sie plötzlich freiwillig ganze Seiten. Es war nicht das, was ich erwartet hatte – aber genau das, was sie brauchte.

Ein weiterer Trick ist, Lesen spielerisch in den Alltag einzubauen. Beim Einkaufen darf dein Kind zum Beispiel die Einkaufsliste lesen. Beim Kochen liest es das Rezept laut vor. Oder ihr spielt gemeinsam ein Spiel, bei dem Lesen einfach dazugehört – ganz ohne „Hausaufgaben-Gefühl“. Kinder merken schnell, wenn sie durch Lesen einen Vorteil haben: etwa beim Entschlüsseln einer Schatzkarte oder beim Lösen eines Rätsels.

Einfache Spiele, mit denen Lesen nebenbei passiert

Hier sind ein paar Spiele, die sich bei uns bewährt haben – und die sich leicht anpassen lassen:

  • Schatzsuche mit Lesekarten: Schreib kurze Hinweise wie „Geh zur Waschmaschine“ oder „Schau unter dem Sofa“ auf kleine Zettel. Jeder Zettel führt zum nächsten, bis am Ende ein kleiner Schatz wartet – vielleicht ein Keks oder ein Sticker.
  • Lesebingo: Auf einem Bingo-Feld stehen kleine Leseaufgaben: „Ein Straßenschild gelesen“, „Eine Buchseite geschafft“, „Etwas Lustiges vorgelesen“. Für jede erfüllte Aufgabe darf ein Feld abgehakt werden. Wenn eine Reihe voll ist, gibt’s eine Belohnung.
  • Rätselpost: Du schreibst deinem Kind eine geheime Nachricht – aber nur in Großbuchstaben oder mit Symbolen, die es entschlüsseln muss. Das motiviert ungemein, weil Lesen plötzlich spannend wird.
  • Wortjagd im Alltag: Auf Autofahrten oder beim Spaziergang wird nach Buchstaben oder Wörtern gesucht. „Wer findet zuerst ein Wort mit A?“ – schon sind alle konzentriert dabei, und Lesen passiert ganz nebenbei.

Ich glaube, das Wichtigste ist: Lesen darf leicht sein. Nicht jedes Kind muss sich durch dicke Romane kämpfen, um „richtig“ zu lesen. Manchmal reicht es, wenn sie Untertitel in Filmen lesen, Spielanleitungen mitverfolgen oder Witze aus dem Heft vorlesen. All das ist Lesen. Und jedes Mal wächst die Sicherheit ein kleines Stück.

Banoo Tipp

Banoo-Tipp: Lies gemeinsam – nicht vor

Wenn du selbst laut liest und dein Kind dabei einzelne Wörter übernimmt, entsteht Nähe statt Druck. So lernt es mit dir, nicht gegen dich.

Ein weiterer, oft unterschätzter Faktor ist die Umgebung. Mach’s gemütlich. Eine Leseecke mit Kissen, Decke und vielleicht einem kleinen Lichtervorhang wirkt Wunder. Wenn Lesen mit Wohlgefühl verbunden ist, passiert Motivation ganz von selbst. Kinder spüren, wenn du dich freust, wenn sie lesen. Ein ehrliches „Ich find’s toll, wie du das machst“ wirkt stärker als jede Belohnungstabelle.

Und wenn gar nichts geht? Dann hilft manchmal eine Pause. Lesen ist keine Sprintdisziplin. Vielleicht hat dein Kind gerade andere Themen im Kopf – und das ist völlig okay. Wichtig ist, dass die Freude nicht verloren geht. Eine Weile vorzulesen, Hörbücher zu hören oder gemeinsam über Geschichten zu reden, kann genauso wertvoll sein.

Banoo Tipp

Banoo-Tipp: Buch oder Hörbuch?

Wenn dein Kind Geschichten liebt, aber das Lesen selbst noch mühsam ist, probier Hörbücher aus. Oft kommt die Lust aufs Lesen zurück, wenn Kinder merken: Ich will wissen, wie’s weitergeht!

Am Ende geht es beim Lesenlernen nicht um Leistung, sondern um Verbindung – zwischen Buchstaben, Geschichten und Menschen. Wenn du dein Kind auf diesem Weg begleitest, mit Geduld, Humor und Fantasie, wird Lesen irgendwann kein Kampf mehr sein, sondern eine Einladung in neue Welten. Und wer weiß – vielleicht liest es dir irgendwann selbst etwas vor. Dann wirst du lächeln und denken: Es hat funktioniert – ganz ohne Druck.