Sonnenschein über Schloss Spukstein

Kapitel 1 - Sonnenschein über Schloss Spukstein

Ein wunderschöner Morgen über dem Bärental: Die Sonne scheint freundlich, auf dem Hof von Spukstein ist es ganz still, nur Vögel zwitschern. Am Brunnenrand schläft Karlo, ein Kater mit Sinn für Ordnung, ruhige Abläufe und sauber gewaschene Pfoten. Er wirkt manchmal streng, doch wer ihn kennt, weiß: Sein Herz ist weich und er hat durchaus Humor.

Plötzlich wird die Stille durch ein langes booooooo unterbrochen, dann noch ein erschrockenes lautes „Vooorsicht!“. Ein Gespenst schießt über den Hof, prallt gegen Karlo, der Kater fällt rücklings in den Brunnen. Wasser spritzt, Karlo taucht prustend wieder auf. Auf seinem Kopf sitzt ein Frosch und staunt. Der Luftwirbel sammelt sich zu Banoo, dem Schlossgespenst. Banoo ist freundlich, neugierig und schnell begeistert. „Es tut mir so leid“, stammelt er. „Ich saß oben auf dem Turm und habe von Salamipizza geträumt. Plötzlich kam ein Schatten heran und krächzte gruselig. Ich habe mich so erschrocken, dass ich abgerutscht bin und genau in dich reingedonnert.“

Vom Krach alarmiert stürmt ein Krokodil in den Hof. Die Stimme ist groß, der Blick warm. Es ist aufmerksam, beschützend und achtet darauf, dass niemand zu Schaden kommt. „Alles gut bei euch?“ fragt es. Karlo hebt eine Pfote zum Zeichen, der Frosch hüpft ins Gras. Gähnend trottet Pfefferkorn aus dem Torbogen, die kleine Schlossmaus, praktisch veranlagt und geduldig, mit dem Kopf voller Rezepte und einer Vorliebe für klare Absprachen. Karlo rückt instinktiv einen halben Schritt zurück. Mäuse machen ihm eigentlich Angst, aber für Pfefferkorn macht er eine bewusste Ausnahme. „Nachbarin“, murmelt er und entspannt die Schultern.

banoo.boo Logo Von oben, vom Brunnendach, meldet sich eine ruhige Stimme: „Entschuldigt die Aufregung, das war nicht meine Absicht. Ich bin Isi und suche ein neues Heim. Der Turm sah perfekt aus.“ Auf dem Rand sitzt eine Eule mit wachen, freundlichen Augen. Ihre Art ist besonnen; sie hört zu, denkt mit und findet oft die richtigen Worte, wenn anderen noch die richtigen fehlen.

„Dann bleiben wir nicht beim Schreck stehen, sondern machen etwas Gutes daraus“, sagt Banoo. „Willkommensparty für Isi!“ Das Krokodil hebt die Hand. „Gern. Aber bitte ohne Salami. Ich bin Vegetarier.“ Banoo nickt sofort. „Klar. Gemüse, Pilze, Kräuter – das wird bootastisch.“ Karlo, wieder trocken, schiebt Pfefferkorn eine Schüssel zu. „Und ich übernehme die Qualitätsprüfung der Tomatensauce.“ Das klingt streng, ist aber nett gemeint.

Pfefferkorn siebt Mehl in eine große Schüssel, formt eine Mulde und lässt Wasser hineinfließen. Hefe bröselt hinterher. „Teig hat zwei Freunde: Wärme und Geduld“, sagt sie. Banoo sorgt mit einem sanften Warmhauch dafür, dass der Teig ruhig aufgeht. Das Krokodil stapelt Holz ordentlich und hält den Ofen gleichmäßig am Brennen. Karlo prüft die Tomaten, rührt konzentriert und gibt eine winzige Prise Zucker dazu. „Jetzt ist die Sauce rund.“ Isi teilt die Arbeit ein: „Zwei Bleche Margherita, eins mit Pilzen und Thymian, eins mit Zucchini, Paprika und Zwiebel. Dazu ein Kräuterfladen mit Rosmarin.“

Während die Fladen ruhen, verwandelt sich der Hof. Zwischen den Pfosten hängen bunte Lichterketten, eine einfache Stoffbahn wird zur Tischdecke, Becher und Teller stehen in einer geraden Reihe, die Karlo sichtlich beruhigt. Pfefferkorn legt Basilikumblätter auf ein feuchtes Tuch, damit sie frisch bleiben. Der Ofen brummt zufrieden, wenn das Krokodil Holz nachlegt.

Die ersten Bleche gleiten in den Ofen: Margherita schlicht und duftend; Gartenpizza mit Zucchini, Paprika und einem Hauch Knoblauch; Wald-Pilz mit Thymian und einer Prise Pfeffer; dazu der knusprige Kräuterfladen mit Rosmarin und grobem Salz. Als das erste Blech herauskommt, liegt der Duft von Sommer in der Luft. Der Käse zieht Fäden, der Rand knackt beim Anschneiden, und das Krokodil lächelt breit. „Ganz ohne Salami – und trotzdem ein Fest.“

Sie setzen sich an den Tisch: Kater neben Maus, Eule neben Gespenst, das Krokodil gegenüber, damit alle sich in die Augen sehen können. Karlo rutscht unauffällig ein Stück näher zu Pfefferkorn, bleibt aber entspannt. „Ausnahme für Nachbarn“, sagt er leise und schiebt ihr das knusprigste Stück zu. Pfefferkorn bedankt sich und legt ihm ein besonders saftiges Pilzstück auf den Teller. Banoo genießt Margherita, das Krokodil strahlt beim Kräuterfladen, Isi probiert von allem und nickt zufrieden.

Als die Teller zur Seite rücken, klatscht Banoo in die Hände. „Jetzt noch eine Geschichte.“ Er erzählt gruselig, aber freundlich, ohne Schockmomente. „Wenn Spukstein nachts ganz ruhig ist, hört man im Rittersaal ein leises klonk, klonk. Das ist kein böser Geist – nur der Helm, der nicken muss, sobald jemand freundlich an ihm vorbeigeht. Und im Nordturm wohnt ein Wind, der sich verlaufen hat. Sagt man ‚Gute Nacht‘, pustet er zurück: huuh. Das ist sein Schlaf-gut.“ Pfefferkorn kichert, das Krokodil lehnt sich zufrieden zurück, und Karlo schnurrt leise. So viel Grusel ist genau richtig.

Dann erhebt Isi die Stimme. „Die Welt ist riesengroß“, sagt sie ruhig. „Hinter den Bergen kommen neue Berge, hinter dem Wald andere Sprachen. Es gibt Flüsse, so breit wie zehn Höfe, und Wüsten, in denen Sternschnuppen so hell sind, dass man meinen könnte, man könnte sie aufheben. Und irgendwo weit weg erzählt gerade jemand eine Geschichte, die wir noch nicht kennen.“ Sie zeichnet mit dem Flügel einen Kreis über den Tisch. „Wenn wir hier gut miteinander sind, können wir von hier aus losziehen. Schritt für Schritt. Fragen, lernen, staunen. Was wir heute nicht wissen, finden wir morgen heraus.“

Die Dämmerung senkt sich, die Lichterketten glimmen warm. Sie spielen Geräuschesuchen: Banoo ahmt Hofgeräusche nach – das Klacken der Kette der Zugbrücke, das Glucksen des Brunnens, das Rascheln der Kräuter. Wer richtig rät, bekommt ein Stück Kräuterfladen. Karlo holt Luft. „Ich kann heute neben Pfefferkorn sitzen“, sagt er. „Aber bitte keine plötzlichen Sprints.“ Pfefferkorn nickt. „Abgemacht.“ Das Krokodil löscht später das Feuer sorgfältig, damit alles sicher ist.

Zum Abschluss heben sie die Becher. „Auf Isi“, ruft Banoo. „Auf neue Freundschaften.“ – „Und auf gute Ordnung, die Platz für Abenteuer lässt“, sagt Karlo. „Auf klare Worte und gutes Essen“, meint Pfefferkorn. „Auf Wege, die weitergehen, wenn man zusammengeht“, schließt Isi. Das Krokodil ergänzt: „Auf Gemüse, Pilze und Kräuter – heute Heldinnen des Abends.“

Der Hof wird leiser. Die Lichterketten glühen wie kleine Monde. Banoo flüstert: „Das war bootastisch.“ Karlo nickt, Pfefferkorn sammelt die letzten Krümel ein, das Krokodil legt das Holz ordentlich beiseite, und Isi schaut hinauf zum Turm, der bald ihr Zuhause sein wird. Spukstein merkt sich diesen Abend, als hätte es ein warmes Fach nur für solche Tage.