Land in Sicht: Freundschaft!

Kapitel 4 - Die bootastische Geburtstagssause im Rittersaal

Schon vor dem ersten Glockenschlag war Banoo wach. Vor lauter Aufregung hatte er kaum geschlafen. Heute war sein 254ster Geburtstag! Er schwebte aus seiner Kammer, machte eine kleine Drehung in der Luft und glitt durch den kühlen Gang. Der Steinboden fühlte sich an wie Morgentau, die Wände flüsterten leise, und irgendwo tickte eine alte Uhr.

Im Schlosshof lag die Sonne wie goldener Staub auf den Steinen. Anton kam mit einem Eimer Wasser vorbei, nickte höflich und sagte: „Guten Morgen, Banoo.“ Sein Blick blieb ganz ruhig, fast zu ruhig. Isi, die Eule, saß auf der Brunnenkante und strich jede Feder einzeln glatt. „Feinster Flugwind heute,“ murmelte sie – mehr nicht.

Kein Kuchen. Keine Girlanden. Kein „bootastisch!“ – nur ganz normaler Schlossmorgen.

Banoos Lächeln wurde kleiner. Vielleicht… vielleicht haben sie es diesmal wirklich vergessen? Er schwebte tiefer, gerade so, dass seine Füßchen den Schatten berührten. In seiner Brust fühlte es sich an wie eine zu kalte Suppe. Er wollte tapfer sein. Also pustete er die quietschende Tür der Werkstatt weich. Er ordnete die Fähnchen auf dem Turm zu perfekten kleinen Bögen. Er polierte sogar den großen Ritterhelm im Flur, bis er sein rundes Geistergesicht darin spiegeln konnte. „Herz, bleib hell,“ flüsterte er sich zu.

Der Vormittag kroch dahin. Anton zählte Nägel. „Hundertneununddreißig… hundertvierzig…“ – ohne zu stolpern. Seltsam. Isi sortierte Ritterschriftrollen. „A für Alabaster… B für Bannspruch…“ – ohne eine zu verknittern. Noch seltsamer. Selbst der Wind tat so, als gäbe es heute nichts zu feiern, und rauschte nur ganz gewöhnlich durch den Innenhof.

Als Banoo gerade den letzten Staubkringel von der Galerie pusten wollte, rief Anton plötzlich vom Flur: „Banoo! Komm schnell! Im Rittersaal ist eine Rüstung umgefallen. Wir brauchen dich!“

„Oh!“ Banoo wischte sich rasch eine Träne aus dem Augenwinkel. Na gut. Dann helfe ich wenigstens da. Er holte tief Schlossluft, die nach altem Holz und ein wenig Zimt roch (woher kam nur der Zimt?), und schwebte zur großen Tür des Rittersaals.

Er öffnete sie – und blieb in der Luft stehen.

„Überraschung!“

banoo.boo Logo Einen Augenblick später sprang das Licht an wie hundert Kerzen. Bunte Bänder hingen von den Kronleuchtern. Von Balken zu Balken grinste eine Kette aus gefalteten Papiergeistern. Zwischen Rüstungen steckten Blumen aus Seidenpapier. Und mitten im Saal stand eine Tafel voller Leckereien: Honigkringel, Apfelküchlein, Pflaumenkompott, süße Mandelhörnchen – und eine Torte, so fluffig, dass sie fast davonflog. Auf ihr stand in Zuckerschrift: Happy 254, Banoo!

„Bootastisch, dass du da bist!“ rief Isi und wirbelte Konfetti aus Federkörbchen über seinem Kopf. Anton klappte den Visor einer Ritterrüstung hoch und sprang grinsend heraus. „Die Rüstung ist gar nicht umgefallen. Nur wir hätten fast vor Lachen umfallen müssen!“

Banoo hielt sich beide Hände vor den Mund. Seine Augen funkelten wie zwei kleine Sterne. „Ihr… ihr habt es doch gewusst!“

„Von wegen vergessen,“ sagte Anton und zwinkerte. „Wir mussten nur ganz normal tun. Sonst hättest du alles geahnt.“ Isi nickte sehr weise. „Große Überraschungen mögen leise Füße.“

Dann gab es Geschenke. Ein Päckchen in Mondpapier enthielt einen Windpfeifer – ein Flötchen, das jeden Ton wie eine sanfte Brise klingen ließ. „Damit du das Schloss mit Musik durchpusten kannst,“ erklärte Isi. Das zweite Päckchen war ein weiches Nebelumhangtuch. „Für kühle Nachtflüge,“ sagte Anton, „damit dein Bauch warm bleibt.“ Im dritten Päckchen raschelten bunte Schleifen in allen Schlossfarben. „Zum Fröhlichmachen von Ecken, in denen es zu still ist.“

„Das ist… das ist bootastisch!“ rief Banoo und machte eine Salto-Pirouette in der Luft. Sein Herz brannte wieder hell und warm, wie eine Kerze im Fenster.

Die Party begann. Anton spielte auf dem Windpfeifer eine Melodie, die wie frische Morgenluft klang. Isi trommelte mit den Flügelspitzen auf einer Keksdose, ganz sanft und rund. Banoo ließ die Papiergeisterkette kreisen, dass sie wie ein Karussell aus Lachen wurde. Sie spielten „Rüstungs-Statue“ (wer wackelte, musste einen Honigkringel futtern), machten eine leise Polonaise um den Thron und erzählten ihre Lieblingsgeschichten: vom Mond, der einmal so groß war, dass er fast in den Schlosshof passte; vom Bärental unten am Fluss, in dem die Brezeln die beste Kruste haben; von Nächten, in denen der Wind am Zinnenkamm singt.

Beim Torteanschneiden pustete Banoo mit einem einzigen weichen Hauch alle Kerzen aus – nicht zu stark, nur gerade so, dass die Flämmchen kichernd wippten und dann erloschen. „Wünsch dir was,“ sagte Anton. Banoo schloss die Augen. Sein Wunsch war still wie Federflaum: Mögen wir noch lange hier zusammen lachen.

Als die Kerzen kleiner wurden, setzte sich Banoo auf die Rückenlehne des alten Throns und schwebte eine Handbreit darüber. „Wisst ihr,“ sagte er leise, „heute Morgen dachte ich, mein Geburtstag sei vergessen. Aber jetzt… jetzt ist es der schönste, den ich je hatte.“

„Freunde vergessen nicht,“ antwortete Isi und legte eine warme Schwinge auf seine Schulter. „Freunde überraschen.“

Anton hob sein Becherchen Apfelsaft. „Auf Banoo – und auf viele, viele bootastische Jahre im Schloss Spukstein!“

Banoo hob sein Becherchen zurück. Die Zuckersterne im Saft schimmerten wie winzige Laternen. „Auf euch,“ sagte er. Und sein Lächeln leuchtete heller als alle Kerzen im Saal.

Draußen rauschte der Fluss, als würde er Beifall klatschen. Drinnen tanzten die letzten Konfettiflocken durch die Luft. Und irgendwo, ganz leise, summte der Windpfeifer noch einen letzten Ton. Banoo war glücklich.